Freie Zeit und kluge Entscheide

Camille Marion

Ob kurze Strecken oder grosse Reisen: die Art, wie wir in unserer freien Zeit unterwegs sind, wirkt
sich auf die Umwelt aus. Anders als beim Arbeitsweg oder bei sonstigen Verpflichtungen haben wir
bei diesem Unterwegssein die Freiheit, klug zu entscheiden.

Freizeit ist mehr als eine kurze Auszeit, sie ist wesentlicher Bestandteil eines ausgewogenen Alltags. Die Qualität kultureller, sportlicher oder sozialer Tätigkeiten trägt zum Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben bei. Die Freizeit gehört zu den vom Bundesamt für Statistik definierten Indikatoren für Lebensqualität. In einer Gesellschaft, die den Einsatz bei der Arbeit hoch bewertet, bietet die Freizeit Körper und Geist die Möglichkeit, sich zu erholen.

Der Begriff Freizeit ist weit gefasst: Er umfasst die Zeit, über die wir – ausserhalb unserer Verpflichtungen wie Arbeit, Ausbildung oder Einkäufe – frei verfügen können. Der Weg zum Tanzkurs jeden Dienstagabend, der Kinoabend am Wochenende oder die für den Sommer geplante Familienreise gehören dazu. Die Freizeit ist einer der wichtigsten Ursachen für Verkehr. Mehr als die Freizeitbeschäftigung an sich macht die Art und Weise, wie wir uns auf dem Weg dorthin fortbewegen, häufig den grössten Teil des Umwelteinflusses aus – namentlich, weil das Auto im Alltag und das Flugzeug bei Ferienreisen im Vordergrund stehen.

Der Freizeitverkehr unterscheidet sich von den Berufsfahrten durch die Vielfalt. Er ist geprägt von wechselnden Wünschen und Jahreszeiten. Er ist auch flexibler: Während der Standort unseres Arbeitsplatzes unsere Pendelwege bestimmt, lässt uns die Freizeit viel mehr Wahlmöglichkeiten.

Den Rhythmus ändern

Als leere Seite in der Agenda ermöglichen die Ferien eine neue Prioritätensetzung. Wir haben die Freiheit, der Wahl des Verkehrsmittels mehr Bedeutung beizumessen. Rückt diese Wahl in den Vordergrund, wird freie Zeit nicht mehr nur nach dem Ziel, sondern auch nach dem Weg organisiert.

Steigen wir in ein Flugzeug und schalten unser Gehirn mit einem Schlafmittel oder einem Filmmarathon aus, um acht Stunden später am andern Ende der Welt zu erwachen, bringen wir unseren natürlichen Rhythmus durcheinander. Das zeigt die Wirkung des Jetlags auf den Körper. Entscheiden wir uns für den Zug, den Bus, das Velo oder den Fussmarsch, sind wir nicht nur umweltfreundlicher unterwegs, sondern gönnen uns auch den Luxus einer Entschleunigung.

Der Hektik des Alltags zu entfliehen, lädt zum genaueren Hinsehen ein. Wer regelmässig in die Pedale tritt, weiss: Mit dem Velo unterwegs zu sein heisst, sich der Leistung und der gefahrenen Strecke bewusst zu werden. Aber auch all dessen, was am Strassenrand gedeiht, seien es Blumen oder Abfälle. Dasselbe gilt fürs Wandern: Es ist etwas ganz anderes, den Gipfel zu Fuss zu erreichen, als im Auto oder mit der Seilbahn.

Nachhaltiger Tourismus?
So stark, wie Verkehr das Klima beeinflusst, ist es schwierig, Reisen und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. «Es gibt keinen nachhaltigen Tourismus», sagte deshalb die Tourismusforscherin Julia Beelitz jüngst gegenüber dem Schweizer Forschungsmagazin «Horizonte». «Jedes Mal, wenn ich mich ins Flugzeug oder ins Auto setze, hat das negative Auswirkungen. Ich muss aber beim Reisen nicht immer ein schlechtes Gewissen haben, sollte aber stets überlegen: Wie viel ist zu viel?»

Reisen ja, aber weniger oft, weniger schnell, besser. In diesem Dossier zeigen wir einige Ideen auf, wie wir den Freizeitverkehr mit innovativen Projekten, bedarfsgerechteren öffentlichen Verkehrsmitteln, einem – auch internationalen – politischen Engagement und neuen Ansätzen überdenken können.

    

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