#Wohnen

Emilie Roux – VCS-Magazin 2/2023

Immer häufiger werden Wohnbauprojekte mit reduzierten Parkflächen realisiert. Wichtig ist allerdings, die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität zu berücksichtigen – ein Beispiel aus Aegerten im Kanton Bern.

Wirklich offen für alle zu sein, bleibt bei Wohnsiedlungen, die auf nachhaltige Mobilität abzielen, eine Herausforderung. Weniger Parkplätze, Fahrverbote bei Hauszugängen und gemeinsam genutzte Parkplätze bilden hohe Hürden für Personen mit eingeschränkter Mobilität. Dabei sollen die Wohnquartiere alle Generationen ansprechen und inklusiv sein. Doch die scheinbaren Widersprüche lassen sich auflösen.

Zum Beispiel Aegerten

In der Bieler Vorortgemeinde Aegerten hat die Wohnbaugenossenschaft «in buona compagnia aegerten» eine Siedlung mit 32 Wohneinheiten gebaut, von denen einige für Menschen mit besonderen Bedürfnissen reserviert sind. Diese sollen einerseits ihre Autonomie behalten können, andererseits soll ein dem Zusammenleben förderlicher Ort entstehen. Der Genossenschaft waren nicht zuletzt eine hohe Lebensqualität und die Reduktion des motorisierten Verkehrs wichtig, insbesondere durch die Reduktion auf 0,55 Parkplätze pro Wohneinheit. Für die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkten Personen stellte die Genossenschaft diverse Angebote zur Verfügung.

Zwar hat die Genossenschaft sechs Parkplätze für Personen mit eingeschränkter Mobilität reserviert, vor allem aber hat sie zahlreiche Dienstleistungen eingeführt, um die Mobilität ohne Auto zu vereinfachen. Geschaffen wurden gemeinschaftliche Räume, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner eigene Angebote machen können, etwa ein wöchentliches gemeinsames Mittagessen oder Unterstützung beim Einkaufen, Dienstleistungen also, die autolose Mobilität für alle erleichtern.

Für die Zukunft bauen

Mehrere Hebel können die Alternativen zum eigenen Auto fördern; einer davon ist, bei neuen Wohnbauprojekten weniger Parkplätze zu bauen. Denn die Art und der Ort, wo gewohnt wird, beeinflussen unser Mobilitätsverhalten wie kaum andere Faktoren. Unsere Wohnung ist der Start- und der Endpunkt jeder Fortbewegung.

Autoarme Siedlungen haben zahlreiche Vorzüge. Fussgängerinnen und Velofahrer sind sicherer unterwegs und die Lärmbelästigung sinkt. Zudem lassen sich damit gewichtige Einsparungen realisieren, kostet ein Parkplatz doch zwischen 30 000 und 50 000 Franken, die für Mobilitätsdienstleistungen eingesetzt werden können oder niedrigere Mieten ermöglichen.

Gelegentlich lösen autoarme Wohnbauprojekte auch Ängste aus: Lassen sich da überhaupt alle Wohnungen vermieten? Besteht denn nicht das Risiko, dass die Leute ihr Auto einfach anderswo im Quartier abstellen? Funktioniert so etwas auf dem Land?

Die vielen auf der Plattform autofrei/autoarm Wohnen PAWO erfassten Beispiele zeigen nicht bloss, dass die Wohnungen leicht zu vermieten sind, sondern auch, dass sich tatsächlich Veränderungen im Mobilitätsverhalten beobachten lassen. Autoreduzierte Wohnbauprojekte tauchen im Übrigen auch immer häufiger auf dem Land oder an Orten auf, die weniger gut mit dem ÖV erschlossen sind.