#Kolumne

Bequem in die Klavierstunde oder Schlüssel zur Verkehrsreduktion?

Anders Gautschi – VCS-Magazin 4/2022

In den vergangenen Wochen besuchte ich Veranstaltungen der Akademie der technischen Wissenschaften SATW und der Mobilitätsarena zum Thema «Autonomes Fahren», um mich auf den aktuellen Stand der Entwicklungen in diesem Bereich zu bringen. Noch vor ein paar Jahren gingen Expertinnen und Experten davon aus, dass schon in absehbarer Zeit selbstfahrende Autos auf den Strassen Europas herumkurven werden. Die Euphorie ist mittlerweile einer ernüchterten Einschätzung gewichen. Bis die höchste Stufe der Automatisierung erreicht ist, dauert es nach heutiger Einschätzung noch mehrere Jahrzehnte. Grund dafür ist insbesondere die Komplexität der Umwelt, von welcher die künstliche Intelligenz noch weit überfordert ist.
Einen aus meiner Sicht sinnvollen Einsatz autonomen Fahrens illustriert ein Pilotprojekt der Firma Kyburz: Es testet den Transport einer Person mit einer erheblich reduzierten Sehkapazität in einem abgelegenen Gebiet mit Hilfe eines autonom fahrenden Autos. Dadurch wird einer Person, welche sonst auf Unterstützung von Dritten angewiesen wäre, der Zugang zur Mobilität ermöglicht. Das Projekt verläuft offenbar vielversprechend, zeigt jedoch die noch erheblichen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.
Am Ende der SATW-Veranstaltung wurden die Teilnehmenden des Podiums gefragt, was sie vom autonomen Fahren erwarten. Zwei Antworten blieben bei mir hängen: Während eine Teilnehmerin darauf zählte, ihre Kinder künftig nicht mehr selber in die Klavierstunde oder ins Fussballtraining fahren zu müssen, sah ein anderer Teilnehmer im autonomen Fahren die Chance, dadurch auf das eigene Fahrzeug zu verzichten und den Verkehr insgesamt zu reduzieren. Diese beiden Aussagen bringen es auf den Punkt: Führt das autonome Fahren aufgrund der Bequemlichkeit zu mehr Verkehr oder kann diese Technologie so eingesetzt werden, dass sie den Verkehr insgesamt reduziert?
Auch wenn die vollständige Automatisierung im Strassenverkehr vermutlich noch Jahrzehnte auf sich warten lässt: Die ersten Weichen auf gesetzlicher Ebene werden jetzt gestellt. Entsprechend ist unser Einsatz gefragt, damit autonomes Fahren künftig nicht mehr, sondern weniger Verkehr generiert und damit einen wesentlichen Beitrag für eine zukunftsfähige Mobilität leistet.

Anders Gautschi, Geschäftsführer des VCS Schweiz, hat sich noch keine abschliessende Meinung darüber gebildet, ob autonomes Fahren Fluch oder Segen ist.

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