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Billettautomaten abschaffen: Ein Serviceabbau in Raten

Edward Weber  9. Dezember 2022

Den Billettautomaten soll über kurz oder lang der Garaus gemacht werden. Damit liebäugelt die Alliance Swiss Pass und argumentiert mit den Kosten. Der VCS zöge es vor, wenn die Wahlfreiheit bestehen bliebe und neben der elektronischen Variante auch weiterhin normale Billette gekauft werden könnten. 

Fahrkarten gehören naturgemäss zum Geschäft der Transportunternehmen. Egal wie sie gekauft werden: in der App, am Schalter, auf der Website oder eben am Billettautomaten. Es kann nicht sein, dass ein Teil der ÖV-Nutzenden aktiv vergrault wird, indem Automaten abgeschafft werden, während solche noch rege genutzt werden. Solange dies der Fall ist, würde ein Abbau der Billettautomaten die gesetzliche Transportpflicht untergraben.

Die Betriebskosten dieser Automaten lassen sich indes nicht wegdiskutieren: An einem Ticketautomaten müssen ganz viele Fahrkarten bezogen werden, bis die Kosten der Maschine eingespielt sind. Und auch deren Unterhalt kostet Geld. Aber, liebe Transportunternehmungen: Verkaufsinfrastrukturen zu unterhalten, gehört schon auch ein wenig dazu. Auch andere Branchen müssen solche betreiben und finanzieren.

Die Idee, Ticketautomaten dereinst völlig abzuschaffen, passt leider nur zu gut in das finanziell begründete Serviceabbauprogramm der letzten Jahre:

  • Erst führten Schalterschliessungen zu Geisterbahnhöfen. Damit einher ging ein wachsendes Unsicherheitsgefühl. Der VCS hat sich bei der Schalterschliessung aktiv engagiert und eine Petition gegen den Kahlschlag lanciert.
  • Dann verweigerten viele Ticketautomaten die Annahme von Bargeld. Weil Münzautomaten teurer und anfälliger waren (sowohl für Pannen wie für Diebstahl), wurde immer mehr auf bargeldlosen Verkauf gesetzt.
  • Und nun sollen die Billettautomaten mittelfristig abgeschafft werden? Das kann einfach nicht ernst gemeint sein.

Die Swiss-Pass-Allianz möchte bis 2035 ausschliesslich auf elektronische Tickets wechseln. Ohne Frage: In den rund dutzend Jahren bis dahin sind noch viele technische Neuerungen vorstellbar, welche den Umstieg erleichtern können.

Wir kennen also noch nicht alle Aussichten, die im fernen 2035 möglicherweise gang und gäbe sind. Das Vorpreschen und die Serviceabbauträume zeugen aber von einer gewissen Arroganz und scheinen nicht eben durchdacht. Ganz besonders nicht zu einem Zeitpunkt, zu welchem die Ticket-App ganz gehörig Macken hat und immer wieder mal ausfällt. Da von einer Abschaffung der Billettautomaten zu schwadronieren, ist … nennen wir es mal: kühn.

Mit dem Auto zum Billettautomaten fahren?

Immerhin lassen die Pläne offen, Automaten noch an grossen Knotenpunkten zu betreiben. Die Frage sei aber erlaubt: Wie kommt man da hin? Per ÖV wird’s jedenfalls schwierig.

Diskussionen dürfte es auch darüber geben, ob Schülerinnen und Schüler in einigen Jahren zwingend ein Handy benötigen. Viele Eltern werden sagen: «Nein». Alliance Swiss Pass setzt dies jedoch gleichsam voraus. Auch für Menschen, welche keine Zahlmittel auf Online-Plattformen hinterlegen können, dürfte ein Wegfall des Automaten in einer Reiseeinschränkung münden.

Ausserdem verschwänden mit dem Automaten auch Argumente, wenn ein Fahrgast ohne Fahrschein erwischt wird: Wenn die App (aus welchem Grund auch immer) nicht funktioniert, könnte dereinst nicht auf die Backuplösung «Automatenbillett» ausgewichen werden. Was hiesse das? Halt nicht fahren? Oder einsteigen und beten? Beides scheint irgendwie nicht so der Weisheit letzter Schluss – vermutlich auch nicht die angestrebte Abschaffung des Billettautomaten.

Blogbeitrag


Edward Weber, Projektleiter Mobilität der Zukunft

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