#öffentlicherVerkehr

Den ÖV politisch stärken – nicht kaputt machen

Bruno Storni – 2. Mai 2024

Der öffentliche Verkehr ist für die Schweiz absolut zentral. Nicht nur gewährt er allen Menschen gleichermassen Zugang zur Mobilität, er ist auch entscheidend für das Ziel der ökologisch notwendigen Verkehrswende: weg vom motorisierten Individualverkehr – hin zu umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln. Doch dieser Anspruch wird weitherum verkannt.

    

Wir sind überzeugt, dass einerseits neue Personen für den öffentlichen Verkehr gewonnen werden müssen. Andererseits muss aber auch sichergestellt werden, dass bestehende ÖV-Nutzergruppen nicht diskriminiert oder gar vom Zugang zum ÖV ausgeschlossen werden. Dies beispielsweise durch forsche Digitalisierungs-Projekte oder die Abschaffung von beliebten Billettangeboten für ÖV-Einsteigerinnen und -Einsteiger.

Der VCS sieht deshalb die jüngsten Entscheidungen der Branchenorganisation Alliance SwissPass kritisch. Das betrifft insbesondere die Absicht, mit dem geplanten Tarifsystem «myRide» einen neuen Standard zu etablieren, welcher nur über Tracking per Smartphone funktioniert. Dies hätte zur Folge, dass alle ÖV-Nutzenden, welche nicht auf diesen Verkaufskanal umsteigen können oder wollen, ausgeschlossen oder benachteiligt würden. Ferner sieht «myRide» einen individuellen Tarif vor, der erst nach den Fahrten berechnet wird und sich mit jedem gefahrenen Kilometer verändert. Wir erachten das als problematisch, weil die wichtige Preistransparenz fehlt. 

Der Trend zum rein digitalen Ticket ist allerdings nicht neu. Sukzessive wurde das analoge Angebot eingeschränkt: So können etwa Sparbillette weder am Schalter noch an den Automaten gekauft werden. Hierbei ist es wichtig, dass Massnahmen getroffen werden; damit Kundinnen und Kunden, welche mit klassischen Bahnbilletten reisen, nicht benachteiligt werden. Und letztlich ist die Abschaffung der beliebten Mehrfahrten-Stempelkarte eine Verschlechterung des Angebots. Auf der anderen Seite sind «GA Night» oder «Halbtax PLUS» interessante und vielversprechende Angebote, welche die erfreuliche Zunahme der Passagierzahlen weiter verbessern können.

    

«Die Autoabhängigkeit der Schweiz muss reduziert werden, damit sich der Modalsplit verschiebt. Den einseitigen Fokus auf die Strasse können und wollen wir uns nicht mehr leisten.»

    

Doch auch die Politik steht beim öffentlichen Verkehr auf der Bremse: In den nächsten Jahrzehnten will der Bund über 35 Milliarden Franken in die Strasseninfrastruktur investieren. Für den Ausbau der Bahninfrastruktur sind derweil gerade 22 Milliarden Franken eingeplant. Die Schweiz investiert also am meisten Geld ausgerechnet in das umweltschädlichste und am wenigsten in die effizientesten und umweltschonendsten Verkehrsmittel. Ausserdem werden längst beschlossene ÖV-Verbesserungen immer wieder verzögert – sei es wegen technischen, planerischen oder auch finanziellen Problemen. Ein Beispiel hierfür ist der geplante Wegfall der Neigezüge zwischen Lausanne und Bern, sowie Zürich und St. Gallen.

Ein weiteres Beispiel ist das CO2-Gesetz, welches mehr als nur halbherzig ausfällt. Ein für den internationalen Bahnverkehr wichtiger Eckpfeiler im CO2-Gesetz sind jene 30 Millionen Franken, welche der Bund in den Ausbau der internationalen Anbindung investieren soll. Damit kann überhaupt erst Geld für ausländische Verbindungen gesprochen werden. Prominente Beispiele für solche guten Zugverbindungen sind die Destinationen Barcelona und Rom. Die Bahn ist auf diesen Strecken mehr als nur eine Alternative zum Flugzeug. 

Für den VCS ist klar: Die Autoabhängigkeit der Schweiz muss reduziert werden, damit sich der Modalsplit verschiebt. Die verschiedenen Verkehrsträger gehören von der Politik endlich gleichwertig behandelt. Der einseitige Fokus auf die Strasse, können und wollen wir uns nicht leisten. Nicht zuletzt angesichts des Klimaziels, welchem die Schweiz weiterhin hinterherhinkt.

 

    

2. Mai 2024


Referat von Bruno Storni, VCS-Vizepräsident, Nationalrat SP/TI

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