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Tempo 30 Zone
VCS

12 Gründe für Tempo 30

Die täglich tausendfach erlebten Vorteile von Tempo 30 auf Strassen im Siedlungsbereich sind durch zahlreiche Forschungsberichte gut dokumentiert.

Es profitieren nicht nur jene, die am Verkehr teilnehmen, sondern alle, die sich im Strassenraum aufhalten, an einer Strasse wohnen, Erholung im Nahumfeld suchen – und nicht zuletzt auch das ortsansässige Gewerbe.

  1. Tempo 30 erhöht die Sicherheit
  2. Tempo 30 ist Lärmschutz an der Quelle
  3. Tempo 30 für attraktive und sichere Wege zu Fuss
  4. Tempo 30 für durchgängig sichere Velofahrten
  5. Tempo 30 für attraktive Wohnquartiere
  6. Tempo 30 verbessert den Verkehrsfluss
  7. Tempo 30 für ein attraktives ÖV-Angebot
  8. Tempo 30 wertet den öffentlichen Raum auf
  9. Tempo 30 fördert eine rücksichtsvolle Verkehrskultur
  10. Tempo 30 schützt das Klima
  11. Tempo 30 fördert die Bewegung im Alltag
  12. Tempo 30 ist wirtschaftlich sinnvoll

1. Sicherheit

Jedes zweite Unfallopfer, das heute auf Schweizer Strassen stirbt, könnte gerettet werden, und jeder zweite schwere Unfall liesse sich vermeiden: Am meisten profitieren von Tempo 30 die Fussgängerinnen und Fussgänger, Velo- und Motorradfahrende, Seniorinnen und Senioren sowie die Kinder auf ihren Schulwegen oder in der Freizeit. Besonders gross ist das Potenzial zur Verringerung der Opferzahlen auf verkehrsorientierten Strassen.

Gemäss der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) werden in der Schweiz auf Tempo-50-Strecken jährlich rund 1900 Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer schwer verletzt. Deren 80 kommen ums Leben. Die meisten dieser Opfer waren zu Fuss, mit dem Töff oder dem Velo unterwegs. Nach Berechnungen der BFU liesse sich die Zahl der über 1900 Unfallopfer durch eine konsequentere Einführung von Tempo 30 mindestens halbieren. «Noch grösser als auf siedlungsorientierten Strassen ist das Rettungspotenzial auf verkehrsorientierten Strassen.»  

2. Lärmschutz

Durch die Temporeduktion von 50 auf 30 km/h nimmt der Lärm um drei Dezibel ab. Das entspricht in der akustischen Wahrnehmung einer Halbierung des Verkehrs. Zusätzlich nehmen die besonders störenden Lärmspitzen überproportional ab.

Die Strasseneigentümer sind verpflichtet, die Bevölkerung vor schädlichem Lärm zu schützen, primär mit Massnahmen an der Quelle. Das Bundesgericht bestätigte seine Rechtsprechung im Jahr 2018 erneut, indem es unmissverständlich festhielt, dass eine Geschwindigkeitsreduktion, insbesondere 30 km/h, eine wirtschaftlich tragbare und wirksame Massnahme zur Bekämpfung von Strassenlärm ist.

3. Fusswege

Wer zu Fuss geht, ist sicherer unterwegs – subjektiv und objektiv: Mit Tempo 30 verbessert sich die gegenseitige Kommunikation, das Queren der Strasse fällt leichter, die Wartezeiten nehmen ab.

Tiefere Tempi eröffnen der Verkehrsplanung zudem mehr Gestaltungsspielraum und erlauben breitere Gehwege.

4. Velo

Für ein durchgängig sicheres Velowegnetz müssen auch die verkehrsorientierten Strassen miteinbezogen werden.

Velofahrerinnen und Velofahrer fühlen sich dank geringerer Tempodifferenzen bedeutend sicherer. Ihr Unfallrisiko vermindert sich um mehr als das Doppelte.

5. Wohnquartiere

Ruhige Wohnlage am Tag und in der Nacht, sichere Wege zu Fuss oder mit dem Velo für Jung und Alt ab der Haustüre: Der hohe Nutzen von Tempo 30 im Wohnquartier wird heute kaum mehr bestritten. Aber dennoch harzt es vielerorts mit der Umsetzung.

Heute leben erst rund 40 % der Bevölkerung an einer Strasse mit Tempo 30. Das sind viel zu wenig, denn: «Ruhe ist nicht nur eine wertvolle Ressource für Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung, sondern auch ein bedeutender Standortfaktor.»

6. Verkehrsfluss

Auf den Verkehrsfluss und die Leistungsfähigkeit der Strasse wirken sich folgende Faktoren positiv aus:

  • die konstantere Fahrweise
  • weniger Beschleunigungs- und Bremsvorgänge
  • bessere Kommunikation zwischen den Verkehrsteilnehmenden
  • weniger grosse Geschwindigkeitsunterschiede
  • geringere Sicherheitsabstände.

Die Wartezeiten bei Fussgängerquerungen nehmen ab, auch für Autolenker. Tempo 30 bewährt sich deshalb ganz besonders auch auf verkehrsorientierten Strassen und wirkt dort stauvermindernd. Zudem: Mit jeder Autofahrt, die durch flächeneffizientere Fortbewegungsmittel (Fuss, Velo, ÖV) ersetzt wird, erhöht sich die Kapazität der Strasse.

Die Schweizerische Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten (SVI) hält in ihrem Forschungsbericht von 2019 fest: «Auf die Leistungsfähigkeit (maximale Anzahl Fahrzeuge pro Stunde) hat eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h meistens keinen massgeblichen Einfluss. (...) innerorts liegt die maximale Leistungsfähigkeit üblicherweise bei einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h.» 

7. Öffentlicher Verkehr

Tempo 30 steht nicht im Widerspruch zu einem attraktiven Angebot des öffentlichen Verkehrs. Dank Tempo 30 gelangt die Kundschaft sicher zu Fuss zu den Haltestellen, und der Bus bleibt seltener im Stau stehen. Die geringe Fahrzeitverlängerung im Bereich von wenigen Sekunden bis Minuten (rund 1.5 Sekunden / 100 Meter) fällt im Vergleich zu den anderen Faktoren für einen attraktiven öV und einer mittleren Reisezeit von 90 Minuten pro Person und Tag kaum ins Gewicht.

Die Vorteile

  • Sicherheit
    Die Wege zum ÖV zu Fuss oder per Rad sind sicher.
  • Erreichbarkeit
    Weil bei Tempo 30 die Strasse flächiger gequert werden kann, nehmen die Umwege ab und das «fussläufige» Einzugsgebiet der Haltestellen vergrössert sich.
  • Verkehrsfluss
    «Positive Auswirkungen von T30 können sein: Verstetigung des Verkehrsflusses und kürzere Reisezeiten zu Hauptverkehrszeiten» (SVI-Forschungsbericht 2019). Weniger Stau ist gleichbedeutend mit mehr Fahrplanstabilität und besser funktionierenden Anschlüssen.

Zu beachten
Geringe Verlängerungen der Reisezeiten sind möglich. In bestimmten Situationen ist zu beachten, dass eine Erhöhung der Umlaufzeiten zu Sprungkosten führen kann, weil ein zusätzlicher Bus eingesetzt werden muss. Oft können ÖV-Priorisierung und MIV-Management die Effekte der Geschwindigkeitsreduktion mehr als kompensieren.

8. Öffentlicher Raum 

Die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum steigt – sowohl im Wohnquartier wie auch entlang verkehrsorientierten Strassen oder im Dorfzentrum.

Tempo 30 animiert dazu, vermehrt zu Fuss zu gehen oder das Velo zu nehmen. Aber auch zum Verweilen, zu Spiel und Begegnung, zum Einkaufen oder Einkehren.

Die Fussgängerinnen und Fussgänger wiederum beleben den öffentlichen Raum – ein sich positiv verstärkender Wirkungskreis entsteht.

9. Rücksicht

Geringere Tempounterschiede und mehr Zeit für die Kommunikation bewirken eine bessere Koexistenz zwischen Motorisierten und Nichtmotorisierten. Das System wird fehlertoleranter und nimmt Rücksicht auf eingeschränkte Möglichkeiten der älteren Verkehrsteilnehmenden.

Die Vorzeichen ändern sich: von einer Verkehrskultur des Gegeneinanders zu einer des Miteinanders.

10. Klimaschutz

Je attraktiver das Velofahren und das Zufussgehen sind, desto eher bleibt das Auto unbenutzt stehen. Mit Tempo 30 wird die klimafreundliche Fortbewegung gefahrloser. Das gilt auch für den Einsatz von E-Cargo-Bikes für die Feinverteilung von Gütern im urbanen Raum und in den Agglomerationen.

Dank homogenem Verkehrsfluss und weniger Stop-and-Go reduziert sich auch beim motorisierten Verkehr der CO2-Ausstoss. Trotz verbleibender Massenunterschiede gegenüber klassischen Personenwagen profitieren Klein- und Kleinstfahrzeuge bei Tempo 30 von deutlich mehr Sicherheit – dank harmonisiertem Geschwindigkeitsniveau.

Tempo 30 leistet einen wichtigen Beitrag zu den Klimastrategien auf Bundes- wie auch auf kommunaler Ebene, wie die Energie- und Klimastrategie der Stadt Bern zeigt:

«Tempo 30 auf dem Basisnetz wird bei städtischen Strassen möglichst flächendeckend eingeführt, da ein ruhiger und konstanter Verkehrsfluss auch zu weniger Treibstoffverbrauch führt.

In Madrid wurden im Jahr 2012 umfangreiche Untersuchungen mit zahlreichen Testfahrten in einem Stadtviertel durchgeführt, das sowohl Tempo-50- und Tempo-30-Bereiche hat. Sie ergaben, dass auf den Tempo-30-Strecken insgesamt etwa ein Drittel weniger Treibstoff verbraucht wurde als auf den vergleichbaren Tempo-50-Strecken.

Die Verbrauchsspitzen lagen bei Tempo 50 bei 1,8-2,2 Gramm pro Sekunde, bei Tempo 30 bei 1 Gramm pro Sekunde. Der wichtigste Spareffekt entsteht durch einen homogenen Verkehrsfluss. Je weniger Beschleunigungsvorgänge und Gangschaltungen nötig sind und daher konstant mit niedrigen Drehzahlen gefahren werden kann, desto tiefer der Benzinverbrauch.»

11. Bewegung

Regelmässige Bewegung zu Fuss oder mit dem Velo wirkt weit verbreiteten Beschwerden und gesundheitlichen Risiken entgegen und ist wichtig für unser physisches und psychisches Wohlbefinden.

Ob ein regelmässiges Sporttraining oder der tägliche Fussweg im Alltag: «Über das gesamte Altersspektrum hinweg bietet regelmässige körperliche Aktivität eine Vielzahl von Vorteilen, die uns helfen, uns besser zu fühlen, besser zu schlafen und die täglichen Aufgaben einfacher auszuführen.»

12. Wirtschaft

Tempo 30 ist mit einem hohen volkswirtschaftlichen Nutzen verbunden. Demgegenüber fallen die Planungskosten sowie der Aufwand für Signalisations- und bauliche Begleitmassnahmen bescheiden aus.

Beim volkswirtschaftlichen Nutzen von Tempo 30 zu berücksichtigen sind

  1. das Vermeiden von Kosten:
    Unfallkosten (Spitalaufenthalt, Arbeitsausfall, Versicherung, soziale Last), Gesundheitskosten (Erkrankungen infolge von Verkehrslärm oder Bewegungsmangel) und die Kosten im Zusammenhang mit dem Klimawandel.
  2. der ökonomische Gewinn:
    Standortvorteil, indem Wohnquartiere und Wohnlagen an Verkehrsachsen attraktiver werden. Wirtschaftliche Belebung der Ortszentren. Der öffentliche Raum kann vielseitiger/intensiver genutzt werden. «Anfänglich wird vom lokalen Gewerbe teilweise eine herabgesetzte Erreichbarkeit für den MIV befürchtet. In verschiedenen Beispielen (Horw, Köniz) wurde aber die Erreichbarkeit sogar erhöht, was sich auch positiv auf die Geschäftsentwicklung auswirkt.»

Die Einführung von Tempo 30 muss nicht zwingend teuer sein

«Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen kann einfach und pragmatisch umgesetzt werden. Es braucht nicht zwingend bauliche Massnahmen, und Fussgängerstreifen können grundsätzlich belassen werden.»
Quelle: VSS 2020

Kostenmässig von Vorteil sind die flächendeckende Einführung von Tempo 30 und die Abstimmung mit anfallenden Sanierungsarbeiten im Strassenraum. «Je grossräumiger Tempo 30 abseits der Hauptachsen, umso besser wird diese Höchstgeschwindigkeit auch mit wenigen baulichen Verkehrsberuhigungselementen eingehalten.» (Lindenmann, H.P., Koy, T., 2000). «Auch bereits das Signalisieren ohne bauliche Massnahmen senkt das V-Niveau.» (SVI 2019)

«Es zeigt sich, dass Tempo 30 grösstenteils gut resp. sehr gut eingehalten wird. Auffallend ist, dass eine reduzierte Höchstgeschwindigkeit auch in peripheren Lagen ohne bauliche Massnahmen die erwartete Wirkung erzielen kann (Butzenstrasse, Gsteigstrasse).»

Faktencheck

Die Gegenargumente im grossen Faktencheck.

Argumentiert wird, dass längere Reisezeiten den öffentlichen Verkehr unattraktiv machen und sich wieder mehr Leute selber ans Steuer setzen.

In der vom VCS in Auftrag gegebenen Metron-Studie «Wie funktioniert der ÖV bei Tempo 30?» schreiben die Autoren: «Für die Fahrgäste im ÖV stellen die Auswirkungen von etwas längeren Fahrzeiten aufgrund von Tempo 30 keine merkbaren Verschlechterung dar, sofern Fahrpläne und Umsteigebeziehungen angepasst wurden und Reiseketten gewährleistet bleiben. Als Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Raumes profitieren ÖV-Fahrgäste von den positiven Auswirkungen von Tempo 30 (erhöhte Sicherheit, geringere Umweltbelastungen, erhöhte Aufenthaltsqualität). (..)   Die geringe Fahrzeitverlängerung im Bereich von wenigen Sekunden bis Minuten fällt im Vergleich zu den anderen Faktoren und einer mittleren Reisezeit von 90 Minuten pro Person und Tag kaum ins Gewicht. Verlagerungen vom ÖV zum motorisierten Individualverkehr sind eher nicht zu erwarten, da Tempo 30 auch im motorisierten Individualverkehr gilt.»

Metron-Studie «Wie funktioniert der ÖV bei Tempo 30?»

Argumentiert wird hier mit abnehmender Aufmerksamkeit bei Tempo 30 – in Unkenntnis der Sachlage.

Bei Vorher-nachher-Vergleichen in Tempo-30-Zonen in klassischen Wohnquartieren kommen drei aussagekräftige Studien zum selben Ergebnis: Es resultiert ein deutlicher Sicherheitsgewinn mit 25–30 % weniger Unfällen mit Personenschaden. Untersucht wurden reale Zonen, in denen der V85-Wert deutlich über 30 km/h lag. 
Quellen: Metaanalyse von Elvik et al., 2009, Untersuchungen der Kantonspolizei Zürich, 2004, Untersuchungen von ETH/IVT, 2000.

Noch höher fällt der Sicherheitsgewinn aus, wenn die besonders unfallträchtigen Hauptverkehrsachsen einbezogen werden. Mit Tempo 30 könnte auf verkehrsorientierten Strassen jeder zweite Unfall mit schwer Verletzten oder Getöteten vermieden werden.

Argumentiert wird mit mehr Stop-and-go-Verkehr in Tempo-30-Zonen mit Verkehrsberuhigungsmassnahmen. Auch könnten die Autos bei Tempo 50 in einem höheren Gang fahren und würden dadurch massiv weniger Lärm verursachen als mit Tempo 30.

In realen Versuchen wurde mehrfach das Gegenteil belegt, was das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung anerkannt hat. Der Lärm reduzierte sich im Durchschnitt um rund 3 Dezibel, was mit einer Halbierung der Verkehrsmenge verglichen werden kann. Gleichzeitig nahmen besonders laute und störende Beschleunigungsvorgänge am Tag und in der Nacht ab.

Argumentiert wird, dass auf Hauptstrassen der Abfluss durch Tempo-30-Zonen abgebremst werde, was unweigerlich zu Staus und mehr Abgasemissionen führe.

Die Experten des SVI halten in ihrem Forschungsbericht von 2019 fest: «Auf die Leistungsfähigkeit (maximale Anzahl Fahrzeuge pro Stunde) hat eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h meistens keinen massgeblichen Einfluss. (...) innerorts liegt die maximale Leistungsfähigkeit üblicherweise bei einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h.»  

Argumentiert wird dabei mit der Verlangsamung und durch Tempo 30 verursachten Staus.

Bei der Planung von Zonen mit Tempobeschränkung sind solche unerwünschten Effekte zu berücksichtigen. Bisher ist jedoch landesweit kein einziger Fall dokumentiert, bei welchem aufgrund des Wechsels von Tempo 50 auf Tempo 30 Ausweichverkehr aufgetreten wäre. 
(Quelle: Forschungsbericht SVI 2019)

«Stau und stockender Verkehr werden von Autofahrenden vermieden und Routen gewählt, auf denen – wenn auch langsamer – stetiger gefahren werden kann. Das heisst, dass die Gefahr von Ausweichverkehr in die Quartiere vor allem in den Hauptverkehrszeiten bestehen kann, wenn auf dem Hauptnetz Überlastungserscheinungen auftreten. Es ist jedoch kein dokumentierter Fall in der Schweiz bekannt, bei welchem aufgrund einer Reduktion von T50 auf T30 Ausweichverkehr aufgetreten ist.»

Die Gefahr von unerwünschtem Ausweichverkehr hange «weniger stark von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ab als vielmehr vom Verkehrsfluss auf dem übergeordneten Strassennetz».
(Quelle: SVI 2019)

Bei «dringlichen oder taktisch notwendigen Dienstfahrten» erlaubt das Strassenverkehrsgesetz (SVG) den Blaulichtorganisationen, Verkehrsregeln zu übertreten. Dazu gehören auch das Überfahren eines Rotlichts oder die Überschreitung einer Tempolimite.

Der Bundesrat ist mit den Blaulichtorganisationen im Gespräch und schlägt zudem weitere gesetzliche Anpassungen vor, mit denen die besondere Situation der Blaulichtorganisationen berücksichtigt werden soll.  

«Wir sind uns bewusst, dass Tempo-30 Auswirkungen auf unsere Blaulichtorganisationen haben. Wir werden dies vorzu anschauen und sind zuversichtlich hier gute Lösungen mit der Stadt zu finden» Robert Soós, Sprecher Sicherheitsdepartement Zürich auf toponline.ch

Argumentiert wird hier, dass Tempo 30 sich gegen den Autoverkehr richte, indem es diesen zum Fahren im Schneckentempo zwinge, dass es zu grossen Zeitverlusten und Staus führe und somit der Wirtschaft schade.

Zum einen hindert ein tieferes Tempolimit kein Auto an der Durchfahrt – das ortsansässige Gewerbe ist unverändert erreichbar, für Kundschaft ohne Auto gar deutlich besser als zuvor. Vorher-nachher-Untersuchungen in Köniz und Horw zeigten, dass die anfängliche Skepsis gegenüber Tempo 30 bald verflogen war.

Zum anderen fällt der beklagte Zeitverlust in der Realität deutlich geringer aus als vermutet. Die Autoren der SVI-Studie Tempo 30 auf Hauptverkehrsstrassen schreiben: „Als Faustregel kann in Folge der reduzierten Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h mit einer realen Fahrzeitverlängerung von 2s/100m gerechnet werden.“
Gründe für den geringen Zeitverlust sind: Der Motorisierte Verkehr rollt oft deutlich langsamer als es die signalisierte Höchstgeschwindigkeit erlauben würde. Ob Ortsdurchfahrten, wichtige Verbindungen quer durch die Agglomeration oder Achsen im städtischen Bereich: Sie alle sind keine geschlossenen Systeme. Mit im Spiel sind Einmündungen, Kreuzungen, Grundstückzufahrten, Parkfelder am Strassenrand. Die Fahrbahn wird von Fussgängern gequert, und im Verkehrsfluss bewegen sich auch langsamere Velos. Dementsprechend oft wird gebremst, beschleunigt, abgebogen, überholt.

Ein gleichmässiger Verkehrsfluss und eine hohe Leistungskapazität dank Tempo 30 liegt bei hohem Verkehrsaufkommen und Staurisiko auch im Interesse der Autolenkenden.

Argumentiert wird immer wieder auch mit angeblich untragbar hohen Kosten angesichts knapper Gemeindefinanzen. Anderes habe Priorität.

Richtig ist, dass der Schutz der Bevölkerung vor Unfällen und Lärm und die Erhöhung der Lebensqualität in der Gemeinde nicht gratis sind. Die Einführung von Tempo 30 muss aber nicht zwingend viel kosten: «Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen kann einfach und pragmatisch umgesetzt werden. Es braucht nicht zwingend bauliche Massnahmen, und Fussgängerstreifen können grundsätzlich belassen werden.» 
Quelle: VSS 2020

Kosten lassen sich auch sparen durch die flächendeckende Einführung von Tempo 30 sowie die Abstimmung mit anfallenden Sanierungsarbeiten im Strassenraum. «Je grossräumiger Tempo 30 abseits der Hauptachsen, umso besser wird diese Höchstgeschwindigkeit auch mit wenigen baulichen Verkehrsberuhigungselementen eingehalten.» (Lindenmann, H.P., Koy, T., 2000). «Auch bereits das Signalisieren ohne bauliche Massnahmen senkt das V-Niveau.» 
(SVI 2019)